Samstag, 3. November 2012

Das schwarze Büchlein

Wer kennt es nicht, das schwarze Büchlein. Bei den Männern besonders beliebt, von den Frauen gefürchtet.

Sorgfältig werden darin die Telefonnummern der Flachgelegten verwahrt, Mann weiß ja nie wann er sie wieder braucht. Ich muss zugeben, ich kenne dieses Büchlein nur aus irgendwelchen Filmen, hatte noch nie ein solches in der Hand und werde es wahrscheinlich nie bekommen. Dafür habe ich aber was anderes.

Bei mir ist es die Plus-Minus-Wellenlinie-Liste.

Sorgfältig schrieb ich jahrelang auf mit welchen Männern ich geschlafen habe. Hätte ich vor kurzem nicht meine alten Tagebücher aus der Kiste geholt, wüsste ich gar nicht mehr, dass ich so etwas jemals tat.

Was geht in einer 19. Jährigen vor, die auf die Idee kommt so eine Lover-Liste zu schreiben. Da fällt mir nur eins ein, ich kam mir verdammt cool vor. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, muss ich damals verdammt irre gewesen sein. Komischerweise war ich jedoch zu dem Zeitpunkt (als die Liste begann) viel zufriedener mit meinem Leben (oder bilde ich mir gerade was ein).

Hallo, ich war sogar 10kg leichter und rattenscharf. Egal, jetzt bin ich 10 kg schwerer und noch immer rattenscharf, zumindest wenn ich einen guten Tag habe.

Je älter ich wurde, desto weniger Männer konnte ich pro Jahr eintragen. Manch einer könnte meinen „na jetzt schaust sicher verbraucht aus, deswegen!“

Hm, kann ich eher nicht behaupten, ich bin älter und reifer geworden, aber auch wählerischer. Ende zwanzig hat man nicht mehr die Lust alle Flüsse durchzuschwimmen um endlich am Meer anzukommen.

Ja, natürlich geschieht hier und da ein Ausrutscher(mein erster Ex), keine Frau ist perfekt.

Sehe ich mir jetzt meine Liste an, so komme ich drauf, dass ich mich an mehr als die Hälfte derer gar nicht erinnern kann. Ist wahrscheinlich auch besser so. Wer ist Philipp, Daniel und Nicky?? Keine Ahnung.

Gerade lese ich das Buch von Julia Onken. Sie schreibt über die Massenvergewaltigungen in Ex-Jugoslawien. Das sich die meisten der Frauen gar nicht mehr an diese Grausamkeiten, die ihnen angetan wurden, erinnern können. Das Gedächtnis ist hierbei wie ein Schutzschild. Es schützt uns von diesen Erinnerungen an denen wir zerbrechen würden. Dies allerdings nur für eine bestimmte Zeit, denn irgendwann kommt auch das am stärksten Vergessene wieder raus. Dann werde mal fertig mit dem ganzen Scheiß der dich schon einmal kaputt gemacht hat.

(Bei dem erwähnten handelt es sich nicht um einen Vergleich, ich war nicht im Krieg und erlebte keine Vergewaltigung durch den Gegner).

Meine Liste geht von 1997 – 2003.
2005-2006 hatte ich meinen letzten, festen Freund. Was zwischen 2003 und 2005 war weiß ich nicht mehr, zumindest das meiste davon. Ist wahrscheinlich besser so, doch irgendwann kommt es sicher wieder Hoch.

Meine damaligen Männerbekanntschaften hielten höchstens ein Monat, dann wurden sie mir zu lästig und ein neuer musste ran.

Bei mir war es damals nicht die Extrem-Geilheit die mich in die Arme dieser Männer führte, sondern die fehlende Zuneigung meiner Eltern. Doch um das zu erkennen brauchte ich viele Jahre und eine Therapie.

Tja, und so endet die Geschichte über meine Männerliste.




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