Sonntag, 4. November 2012

Couch Surfing


Das erste Mal habe ich darüber was im TV gesehen, muss ja Ewigkeiten her sein. Ich weiß nur mehr, dass sie in dem Bericht erzählt haben, dass es sich hierbei um eine tolle Gelegenheit handelt, weil man nicht nur zu einem gratis Schlafplatz kommt, sondern auch viele, neue, Leute kennen lernen kann. Und Neue Leute, das hat mir in dem Augenblick gefehlt, als ich mich entschlossen habe mich dem Couch Surfen anzuschließen. Natürlich haben da auch andere Sachen mitgespielt. Zum Beispiel bin ich ein schüchterner Mensch, dies jedoch nur aus meiner Sicht, denn meine Freunde halten mich alle für sehr extrovertiert und verrückt Ich bin kein Mensch der viel Risiko eingeht, höchstens mal wenn ich der Straßenbahn nachrenne um sie dann doch zu verpassen. Ich wollte etwas machen, dass mich ein bisschen lockerer macht, mich offener macht, offen für Neues und Aufregendes. Abgesehen davon kann man doch nie genug Bekannte haben, man weiß ja nie was das Leben alles bring, und wann einer von denen mal helfen kann.



Die schlussendliche Endscheidung viel jedoch als ich wieder mal depressiv daheim herumgegammelt habe. Denn die letzten drei Jahre ging es so ziemlich turbulent bei mir zu, was dazu führte, dass sich mein Nummernverzeichnis im Handy deutlich minderte. Ich wollte mich sehr wahrscheinlich dagegen wehren immer mehr zu vereinsamen und dann habe ich mir gedacht: „Hej, was kann mir schlimmeres passieren als das ich jemanden rausschmeißen muss, wenn er/sie sich blöd benimmt“. Also habe ich mich vor dem PC gesetzt und mir mein Profil auf CS erstellt. Das ist jetzt ca. ein halbes Jahr her.



Als Profilfoto nahm ich sicherheitshalber mal ein richtig schönes Pic von mir, schließlich will man sich doch von seiner Schokoladenseite der Welt präsentieren, was in diesem Fall auch wirklich zutrifft, den CS ist ein weltweites Projekt.

Da die Seite wie bereits erwähnt international ist, habe ich in meinem besten Englisch die gewünschten Angaben gemacht, zumindest versucht dies zu tun. Unter anderem gab ich den Grund an wieso ich bei CS mit machen will. Der war, das ich denke, dass es sich hierbei um ein interessantes Projekt handelt wobei es besonders für die Leute gut ist die nicht so viel Geld haben (Studenten zum Beispiel). Sowohl auch für die, die nicht reisen können oder wollen, und einfach nur neue Leute kennen lernen möchten. Weiters sollte man auch die üblichen Angaben wie Hobbies, Lebensmotto usw. angeben. Ich habe also all das brav ausgefüllt. Schließlich sollen die interessierten SurferInnen sich ein gutes Bild von mir machen, bevor sie sich entscheiden mich anzuschreiben. Nicht zu vergessen, meine Couch-Beschreibung, die folgend lautet:



my couch is an nice and comfortable on. She like when people sleep on her, but just when they are cultivated. 
Sometime I sleep also on her, lot of times a fall a sleep, while reading a book, I love my couch!



Mein Sofa ist ne nette und komfortable. Sie (haha, ich habe also ein weibliches Sofa) mag es wenn Menschen auf ihr schlafen, aber nur wenn sie kultiviert sind.

Manchmal schlafe ich auch auf ihr ein, beim Buch lesen, ich liebe mein Sofa!



Tja, es dauerte nicht lange und ich wurde schon angeschrieben, ob das wohl am Foto liegt? Ja, würde ich schon sagen, denn meistens werde ich von Männern angeschrieben. Stört mich aber nicht!



Da ich voller Tatendrang war, wollte ich so schnell wie möglich einen Couchsurfer willkommen heißen.

Bei meinem ersten „Opfer“ handelte es sich um einen Italiener.

K. hat sehr sympathisch geschrieben, die Bewertungen die er von anderen Hosts bekommen hat waren auch alle positiv, somit sah ich kein Hindernis um ihn nicht einzuladen. Hmm, na ob das gut gehen wird?



Ganz wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass ich unter Hobbies angegeben habe, dass ich sehr gerne koche. Da, ja, mein Englisch jedoch nicht einwandfrei ist, hat sich da ein kleiner Fehler eingeschlichen. Der damals von mir verfasse Satz lautete nämlich nicht „ I like to cook“ (ich mag kochen), sondern ich schreib „I like to cock“ (was man als, ich mag zwei Schwänze fehlinterpretieren könnte, bzw. ich mag es gevögelt zu werden oder sonnst was).



Als K. ankam, erzählte er mir im ersten Gespräch was da eigentlich auf meinem Profil steht. Oh man, ich wurde sofort rot wie ne Tomate, wir lachten herzlich darüber. Somit war die ganze Schwanz-Sache für mich erledigt. Für ihn anscheinend nicht.



Den, Männern klingen solche Sachen anscheinend noch lange im Kopf nach. An dem Abend, den der K. bei mir verbracht hatte, versuchte er mich zu überreden doch im selben Zimmer wie er zu schlafen. Es folgten versuche seinen Arm um mich zu legen usw.

Also bitte, da bracht man kein Psychoanalytiker zu sein um solche Körpersprache fehl zu interpretieren. Der hat es sich doch tatsächlich gedacht, das es ein Mädchen in Wien gibt die nur darauf wartet von ihm flachgelegt zu werden, so ein Depp.

Am nächsten Morgen wollte er nicht mal frühstücken sondern hat sich gleich wieder verpisst, fand ich gut so.



Nach dieser „italienischen Erfahrung“ war ich eigentlich schon wieder am überlegen das Ganze CS-Ding wieder abzublasen. Doch dann kam die Rettung. Sie hieß C. war aus Schweden und so gar nicht die typische Schwedenbombe. Ursprünglich kam sie aus Somalia oder so, ich weiß es echt nicht genau.

Egal, als C. vor mir stand habe ich sie gleich in die Arme geschlossen, wie als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen. Wahrscheinlich lag es an ihrem breiten Grinsen und ihren super-weißen Zähnen, die durch ihre dunkle Haut wie zwei Neoröhren leuchteten.

Sie verbrachte insgesamt drei Tage bei mir. In den drei Tagen sind wir so viel durch Wien gelatscht das mir fast die Füße abgefallen sind. Ich erzählte ihr von dem komischen Italiener und dass sie der Grund ist, das ich weiter bei CS mitmachen werde.

Lustigerweise war ihr nächstes Ziel Milano, so habe ich noch mitbekommen können wie sie einen jungen Italiener angeschrieben hatte. Er schrieb ihr sehr erfreut zurück, dass seine Eltern sich nicht Daheim befinden und sie sturmfreie Bude haben werden.

C. konterte mit der Frage, ob das eine Aufforderung für Sex sein sollte, denn sie wäre in dem Fall gewillt ein Hostel zu bevorzugen. Viele sehen Couch Surfing nämlich als eine Art „Vielleicht passiert´s“ Seite dh. vielleicht spring der Gast aus lauter Dankbarkeit mit mir ins Bett.

Tja, man weiß nie was schlussendlich dabei raus kommt.



C. hatte sich letztendlich für einen anderen Host in Mailand entschieden, was auch nicht gerade die beste Lösung war, wie es sich im Nachhinein gezeigt hatte. Sie war dann bei einem Pärchen die anscheinend in einer total versifften und vollgepissten Wohnung lebten, mit fünf Katzen, dort blieb sie jedoch nur eine Stunde und suchte sich schlussendlich doch ein Hostel.

Beim Abschied von C. war ich etwas traurig, denn in der kurzen Zeit hatte ich viel Spaß mit ihr.

In ihrer Bewertung (jeder Surfer oder Host kann nämlich Kommentare am Profil seines Gastgebers bzw. Gast hinterlassen) schrieb sie folgendes über mich:



She is go easy going that once you enter her place it feels as if you've known her for a long time ago and this was just yet another visit. Vienna was so much better with her. One just have to love her!



Wenn man zu ihr kommt, hat man das Gefühl sie schon lange Zeit zu kennen und das man einfach nur wieder mal zu Besuch kommt. Wien war so viel besser mit ihr. Man muss sie einfach lieben!



Nicht übel für die erste Referenz!



Mein dritter Couch Surfer war F. Ein Spanier, aus Malaga. Als ich ihn das erste Mal in real life gesehen habe, hatte ich nur einen Gedanken: „Scheiße, der Typ ist ja riiiiesig“. Ich schätze mal so an die zwei Meter, Schuhgröße 50, ohne Scheiß!



Wie seine beiden Vorgänger bekam auch er ne herzliche Umarmung. Wir gingen noch am selben Abend zu Fuß zum Ring, ich zeigte ihm das Museums Quartier. Das Naturhistorische und Kunsthistorische Museum haben es ihm dann besonders angetan. Ich erzählte ihm dann von der dicken Dame in der Mitte des Museumsgartens. Ich sagte ihm, dass es sich hierbei um Maria Theresia handelte, der Frau die dem einfachen Volk ermöglichte lesen und schreiben zu lernen, oh, so great she was und noch ein weiteres Bisschen Bla,Bla über die Museen.

F. hörte mir die ganze zeit aufmerksam zu, wir witzelten rum und lachten viel. Vielleicht liegt es daran, dass ich jeden/jede die zu mir zu Besuch kommen, so behandle wie einen alten Freund, das entspannt die Leute anscheinend.

Am nächsten Tag haben wir dann ne typische Touristensache gemach, wir sind auch mit einem Schiff die Donau entlang geschippert, so ziemlich das Langweiligste was ich jemals gemacht hatte, vor allem das in der Schleuse stehen war zum Einschlafen. Diesen Abend haben wir dann beim Schach ausklingen lassen, er mit nem Bier und ich mit einem guten Glas Merlot.

Am nächsten Tag bedankte sich der große Spanier bei mir und ging zum nächsten Host. Er lies sich nicht nehmen mir zu sagen, dass ich ihn unbedingt in Malaga besuchen sollte und das möglichst noch diesen Sommer.

Ich hatte mich sehr über das Angebot gefreut und ihm gesagt, mein Bestes zu versuchen, aber das ich nichts versprechen konnte. Denn C. hatte mich schon davor nach Stockholm eingeladen und ich wollte sie zu Erst besuchen. Es folgte noch ein dicker Schmatzer auf meine rechte Backe und ne feste Umarmung so wie „Bye, Bye!“



Wie als hätte ich es geahnt, sagte ich noch zu ihm, dass er, falls es ihm nicht beim neuen Host gefallen würde, wieder bei mir schlafen könnte. Einen halben Tag später kam auch eine Nachricht von ihm, das er eigentlich lieber bei mir wäre als dort und das er am nächsten Abend zu mir kommen wird falls ich damit einverstanden bin. Wieso nicht, dachte ich mir, schließlich fand ich ihn ja nett, abgesehen von seiner Macke sich nicht gerade gern die Hände nach dem Besuch der Toilette zu waschen.

Unseren letzten Abend verbrachten der Spanier und ich damit fast die ganze Zeit vor dem PC zu sitzen. Wir tranken slowenischen Rotwein und hörten Musik auf Youtube. Er übersetzte mir spanische Schnulzen und ich ihm die Lieder von den Ärzten.



Wir redeten und lachten sehr viel an dem Abend. Laut seiner Körpersprache war es unübersehbar das er was von mir wollte, oh man, Männer sind so leicht zu durchschauen. Irgendwann im Gespräch ist mir dann „You want to kiss me. Do you?“ (Du willst mich küssen, nicht wahr?), rausgerutscht. Uuuuuups, damit traf ich genau ins Schwarze. Er sah mir tief in die Augen und stammelte ein schüchtern „Yes“.



Tja, auch wenn www.couchsurfing.org keine Datigseite ist, heißt es noch lange nicht, dass nicht hier und da, doch ein Küsschen seinen Weg findet.

Und manche Hosts tun aber auch wirklich alles, für eine Gute Referenz



Am nächsten Tag verabschiedeten wir uns erneut, diesmal wohl für immer, denn die Scheiß-Flüge nach Spanien sind mir derzeit echt zu teuer. Obwohl ich einen Tapetenwechsel wirklich gut gebrauchen könnte.

Finde ich aber gar nicht mal so schlimm, den mich zieht es viel mehr nach Stockholm.



Alles in allem bin ich derzeit sehr zufrieden mit meiner Erfahrung auch CS und hoffe bald wider jemanden begrüßen zu können. Doch noch lieber würde ich mich aus meiner Höhle wagen, und selber Erfahrung als Couch-Surfer sammeln. Einfach ein Ticket checken, dann ein Plätzchen bei einem netten Host finden und ab die Post, weg bin ich!

Ich trau mich aber nicht, noch nicht.

Doch wie sagt man so schön:

You will never know if you don't try!




Fakten über www.couchsurfing.org:



2004 wurde das Projekt ins Leben gerufen, seit dem haben mittlerweile über 1.700.000 Menschen dieses System genützt und 1.900.000 Freundschaften geschlossen.
Couchsurfing ist übrigens auf der ganzen Welt möglich, sogar am Nordpol ;-)

Hat man sich mal dazu entschlossen bei CS mitzumachen, so muss man zu aller Erst ein Profil auf der http://www.couchsurfing.org/Seite erstellen. Dies soll den anderen Surfern (die, die ein Plätzchen suchen ) und den Hosts (die, die ein Plätzchen anbieten) die Möglichkeit geben sich ein Bild von dir machen zu können. Ist dieser Schritt getan, kann es auch schon losgehen.




Hierbei geht es um ein weltweites Netzwerk, das einem die Möglichkeit gibt in fremden Ländern einen freien Schlafplatz zu bekommen. Das soll heißen, man übernachtet GRATIS bei wildfremden Menschen, ist also nicht jedermanns/fraus Sache. Hierbei sei noch zu betonen, dass nicht unbedingt ein Sofa für die Übernachtung zur Verfügung steht. Manche Hosts bieten einen Schlafplatz am Boden an und manche sogar im eigenen Bett, dh. du schläfst mit deinem Gastgeber im selben Bett. Dies ist aber eher die Ausnahme, was ich so weiß.


Sollte man, so wie ich es bin, zu der verschreckten und schüchternen Sorte gehören, so sei einem zu empfehlen sich mal als Host anzubieten. Denn erstens müssen dann die Anderen den ersten Schritt machen und zweitens hast DU noch immer die Wahl wenn DU aufnimmst und zur Not auch wegschickst. Wenn dir jemand eine Anfrage schickt, lies dir sein Profil gut durch, sieh dir seine Bewertungen an, und dann entscheide erst ob du jemanden aufnimmst. Natürlich kann man sich da auch auf sein Bauchgefühl verlassen, ich mach das zum Beispiel so.

Wer sich für diese ungewöhnliche Art des Reisens entscheidet, eröffnet sich hiermit eine völlig neue Welt, abseits des typischen Touristengetummels. Man lernt interessante Menschen kennen, sieht Orte die nicht unbedingt auf der Sightseeing-Liste stehen und es sollte sogar vorgekommen sein, dass manche die Liebe des Lebens mit der Hilfe von Couch Surfing gefunden haben.


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